Erziehen statt verwahren: Engagement für jugendliche Straftäter

  • Zonta Heidelberg und weitere Clubs der Region machten es möglich. Bild: pixabay.com
  • (v.l.n.r.) Baden-Württembergs damaliger Justizminister Prof. Dr. Ulrich Goll, Amtsgerichtsdirektorin Gabriele Meister, Zonta-HD-Präsidentin Prof. Dr. Anneliese Wellensiek
  • Heidelberger Zontians bei der Auftaktveranstaltung im April 2000

Unser Club-Mitglied Gabriele Meister war von 1975 bis 2014 als Richterin tätig. Von 1998 - 2000 war sie Leiterin der damaligen Jugendarrestanstalt in Wiesloch und setzte sich mit Nachdruck dafür ein, dass die jugendlichen Straftäter nicht nur „verwahrt“ wurden, sondern ihre Zeit im Arrest sinnvoll nutzen konnten. Bei den Heidelberger Zontians und anderen Clubs der Region fand sie schnell tatkräftige Unterstützung. Hier ihr Bericht als Beitrag zu den Clubgeschichte(n) anlässlich unseres 50-jährigen Club-Jubiläums.

 „In den Jahren meiner Leitung wurde in der Jugendarrestanstalt Wiesloch der von Gerichten verhängte Jugendarrest vollzogen. Jugendarrest wird von Gerichten gegen Jugendliche verhängt, die kleinere Straftaten - oft Gewalttaten - begangen haben, die Dauer ist höchstens 4 Wochen (vgl. § 16 JGG = Jugendgerichtsgesetz).

Alternativen zur Gewalt aufzeigen

Ich hielt das bloße Einsperren der Jugendlichen in ihren Zellen - unterbrochen durch Sport und abends fernsehen - für nicht sinnvoll, sondern wollte, dass mit den jungen Menschen in dieser Zeit des Arrestes die Straftat besprochen und verarbeitet wird (meine drei Kinder waren 1998 17, 15 und 13 Jahre alt und ich kannte mich mit den Problemen und Herausforderungen des Heranwachsens einigermaßen aus!). Ich habe deshalb ein Projekt entworfen, in dem den Jugendlichen während der Arrestzeit einerseits Gespräche und andererseits ein Anti-Gewalt-Training angeboten wurde.

Das erste Anti-Gewalt-Training in einer Jugendarrestanstalt deutschlandweit

 Das Ganze musste finanziert werden und staatliche Mittel dafür waren im Haushalt des Landes Baden-Württemberg nicht vorgesehen. Eine entsprechende Antragstellung hätte vielleicht nach Jahren zum Erfolg geführt (oder auch nicht). Ich habe mich deshalb an die Rotaryclubs und Zontaclubs der Region gewandt, habe in unserem Club (bei dem ich noch nicht Mitglied war) einen Vortrag darüber gehalten und von dort 10.000 DM bekommen. Wir konnten starten und damit ein völlig neues und innovatives Projekt in die Tat umsetzen, denn ein Anti-Gewalt-Training wurde damals in keiner Jugendarrestanstalt der Bundesrepublik angeboten.

Auch der Justizminister stattete einen Besuch ab

Die Heidelberger Zontians stellten auch den Kontakt zum damaligen Justizminister Goll her, der die Jugendarrestanstalt zum Projektstart besuchte und sich informierte. Das Projekt war erfolgreich - und in der Folgezeit wurde das Anti-Gewalt-Training auch in anderen Arrestanstalten eingeführt. Unser Club hatte einen entscheidenden Anteil an dieser Initialzündung!"

 

Gabriele Meister

Präsidentin des Amtsgerichts Mannheim a.D.